Jüngst hat der Bundesgerichtshof ein Urteil zu der Frage gefällt: Müssen Influencer auch dann einen Werbehinweis geben, wenn sie keine Gegenleistung dafür erhalten haben? Wir haben bei zwei Anwälten aus Würzburg nachgefragt, wie sie das Urteil einschätzen und was sie empfehlen.
Worum geht es?
Konkret ging es um mehrere Instagram-Influencer, denen der Verband Sozialer Wettbewerb „unzulässige Schleichwerbung“ vorwarf und sie dafür abmahnte. Drei Fälle landeten vor dem Bundesverfassungsgericht, darunter der der bekannten Influencerin Cathy Hummels.
In zwei der drei Fälle sahen die Richter das Vorgehen nicht als Schleichwerbung an. Sie entschieden, dass Influencer Instagram-Posts nicht als Werbung kennzeichnen müssen, wenn sie keine Gegenleistung dafür erhalten haben und die Beiträge nicht übermäßig werblich seien, also zum Beispiel nur Tap Tags enthalten und nicht auf die Unternehmensseite verlinken.
Wer dagegen eine Gegenleistung erhält, muss dies kenntlich machen. Das war der dritte Fall. Luisa-Maxime Huss hatte auf Instagram eine Himbeermarmelade per Tap Tag beworben und eine Gegenleistung dafür erhalten. Als Tap Tags werden anklickbare Bereiche bei Bildern bezeichnet, die zu anderen Instagram-Profilen weiterleiten, in dem Fall zu einem Unternehmen. Hier die Pressemitteilung des BGH.
So schätzen Würzburger Anwälte das Influencer-Urteil ein
John Krüger von CORNEA FRANZ Rechtsanwälte meint, dass jemand wie Cathy Hummels kommerziell tätig sei, ergebe sich schon aus den Umständen. Allerdings: „Instagram-Beiträge über Produkte von Geschäftspartnern kennzeichnet sie etwa mit dem Hinweis: ‚bezahlte Partnerschaft mit …‘ Ein Verbot zum Schutz der Verbraucher sei deshalb – in ihrem Fall – nicht notwendig.“ Zudem verfüge sie „über einen ‚verified‘-Account mit einem blauen Haken und für Influencer über eine weit überdurchschnittliche Anzahl von Followern. [Anm. d. Redaktion: 645.000 Follower, Stand 27. September 2021]“ Daher sei für ihn die Frage, „ob die Gründe des Bundesgerichtshofes für jede*n Influencer*in gelten.“ Das ließe sich so leider nicht aus dem Urteil herauslesen.
Aus seiner Sicht hat „der Bundesgerichtshof auf die folgenden Gründe abgestellt: Besteht eine geschäftliche Beziehung zwischen Influencer und dem Hersteller des gezeigten Produkts, gelten strengere Maßstäbe. Ohne eine solche Beziehung müsse eine Kennzeichnung nur dann angefügt werden, wenn der Beitrag dem Gesamteindruck nach ‚übertrieben werblich‘ sei. Das sei dann der Fall, wenn er jegliche kritische Distanz zum Produkt vermissen lässt.“ Dann verlasse die Darstellung „den Rahmen einer sachlich veranlassten Information.“
Urteil schafft Rechtssicherheit
Für Holger Loos von der Kanzlei Loos Rechtsanwälte ist das Urteil des Bundesgerichtshofs „[…] erstmal gut und grundsätzlich mit Augenmaß. Ich kenne die genaue Urteilsbegründung noch nicht, daher meine erste Einschätzung: Es schafft einigermaßen Rechtssicherheit. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass es noch klarer abgrenzt: Was muss als Werbung gekennzeichnet werden, was nicht, wo genau ist die Grenze zur übertriebenen Werblichkeit?“
Seine Empfehlung: „Alle Posts, bei denen es eine Gegenleistung gibt, unbedingt kennzeichnen. Übrigens darf dies nicht mit ‚Sponsored Post‘ oder ‚Advertorial‘ überschrieben werden, sondern auf Deutsch, also etwa ‚Anzeige‘, ‚Werbung‘ oder ‚Bezahlter Beitrag‘. Bei Posts ohne Gegenleistung kommt es darauf an, wie aggressiv man wirbt.“ Da dies aber Auslegungssache sei, erwarte er, „dass es wohl die ein oder andere Abmahnung geben wird und wir dadurch hoffentlich mehr Rechtssicherheit kriegen.“
John Krüger ergänzt: „Es wird erst dann problematisch, wenn nicht lediglich die Marke des markierten Herstellers erscheine, sondern dieser sogar eine Direktverlinkung auf die Unternehmenswebseite des Herstellers enthalte. Es betrifft daher nicht ‚Tap Tags‘, sondern bei Instagram Stories sogenannte Swipe Ups. In dem Fall komme es dann „auf eine Gegenleistung durch den Hersteller für eine Kennzeichnungspflicht nicht an.“
Online Marketing & Recht bei der WueWW 2021
Bei der Web Week gibt es übrigens eine Veranstaltung „Online Marketing & Recht 2021“ am Samstag, 23. Oktober. Darin soll es auch über „Produktvermarktung über Influencer“ gehen.